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UNSER KIRCHENGEBÄUDE

ARCHITEKTUR

Die Thomaskirche in Basel – ein Gebäude voller Geschichten und Symbolik

Lasst uns eine Hütte bauen!

1952 schlug der Kirchenvorstand der Oekolampad-Gemeinde vor, im äusseren Gemeinde-Teil eine Baracke bauen zu lassen, damit die Jugend und die Gemeinde sich dort sammeln könne. Der Kirchenrat nahm diesen Wunsch zur Kenntnis, hatte aber eine stattlichere Vision: Auf diesem Boden soll eine Kirche gebaut werden!

… oder doch ein Bauernhof?

Der Entwurf des jungen Architekten Benedikt Huber überzeugte die Jury: «Die Gemeinde betritt den Raum der Kirche durch den Glockenturm. Im grossen Hof ist Raum für Begrüssungen und die Einstimmung in den Gottesdienst.» Ein sympathischer Gedanke, aber die Jury irrte sich, was die Begrüssung auf dem Hof betrifft, denn das durchdringende Glockengeläut scheucht die Gottesdienst-Besuchenden über den Platz schnell in die Kirche.

Die Begrüssung wird im Kirchenraum nachgeholt. Der Gottesdienst beginnt also nicht andächtig-feierlich, sondern fröhlich-gesellig. Das passt, denn die Thomaskirche ist kein ehrfurcht-heischendes Gebäude, sondern in Anlehnung an den Vorgängerbau auf diesem Grundstück «geerdet». Da stand früher ein Bauernhof.

Daran wird durch den Innenhof und dessen Brunnen – ein Monolith aus Tessiner Granit – erinnert. Die Tränke ruft nun anstelle des Viehs die Menschen herbei, um ihren (geistlichen) Durst zu stillen. Heutzutage dient sie vor allem den Kindern im Sommer nach dem Gottesdienst als Planschbecken.

 

Gesellige Anlässe auf dem Hof (Open-air-Gottesdienste, Jubiläumsfeiern, Sonntags-Grill, Sommerfeste, usw.) nahmen immer mehr zu, so dass nach rund 50 Jahren drei grosse, fest montierbare Sonnenschirme angeschafft wurden. Beim 60-Jahre-Jubiläums-Fest der Kirche schliesslich kam noch ein vierter dazu.

Hereinspaziert!

Die Kirche hat zwei Eingangsbereiche; beide geziert von Glasfenstern des Malers Paul Hindenlang, die Bezug nehmen auf den Apostel Thomas:

Das eine zeigt einen Zirkel (links oben), ein Winkelmass (mitte) und einen Zollstock (rechts). Es sind Werkzeuge, mit denen «ein kritischer Mensch der Wahrheit auf die Spur kommt», indem er selber nachmisst und nicht einfach glaubt, was so daher gesagt, behauptet und verkündet wird. Sie versinnbildlichen die Haltung des Apostels, der seinen Freunden erst nicht abnehmen will, dass sie Jesus nach der Kreuzigung wieder lebend gesehen haben: „Wenn ich nicht meinen Finger in die Nägelmale und meine Hand in die Seitenwunde legen kann, dann kann ich nicht glauben.“

Das andere Fenster erzählt die Geschichte weiter; sie zeigt eine grosse, ausgestreckte Hand. Thomas soll tatsächlich nicht nur mit den Augen sehen, sondern auch mit Hand und Finger die Wahrheit berühren. Der Auferstandene kommt auf ihn zu und ruft ihn auf: „Reiche deinen Finger hierher und siehe meine Hände und reiche deine Hand her und lege sie mir in die Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig.“ Da gingen Thomas die Augen auf und er konnte bekennen: „Mein Herr und mein Gott.“

Paul Hindenlang erklärt also mit seinen künstlerischen Ausdrucksmitteln, wozu dieses Gebäude dient, wozu man es betreten soll: „Kommt, begegnet dem lebendigen Gott.“

Beim Betreten des grossen Gottesdienstraums fällt dessen Schlichtheit auf, «doch wirkt er keineswegs nüchtern oder gar kahl. … Das Rot der geschickt gefügten Backsteine und die helle Holzfarbe vermitteln das Gefühl einer warmen und freundlichen Atmosphäre.» so die Einschätzung aus einem Zeitungsartikel anlässlich der Einweihung am 7. September 1958. Und weiter: «Der Kirchenraum ist aus den Bedürfnissen des protestantischen Gottesdienstes heraus entstanden; er richtet sich nach Kanzel und Abendmahlstisch, die das geistige Zentrum darstellen. In der als Querraum erstellten Kirche gruppieren sich die Gemeindeglieder auf drei Seiten um Kanzel und Abendmahlstisch.»

Die massive Kanzel wurde nach wenigen Jahren bereits als zu distanziert und wuchtig empfunden. Sie wurde erst beiseitegestellt, um dem «Bühnenbereich» mehr Gestaltungsmöglichkeiten zu gewähren, und schliesslich (2019) durch eine leichtere, mobile Kanzel ersetzt – eine Spezialanfertigung mit unauffälliger, aber charmanter Symbolik: Die irdische Vier und die göttliche Drei werden angedeutet und vielleicht auch die Dynamik eines Pflugs, der den guten Boden öffnet, auf dass der Same ausgestreut werden kann. Somit wäre diese Kanzel eine Anwendung des Gleichnisses, in dem Jesus von Gott als einem Sämann spricht, der sein Wort in die Welt ausstreut, auf dass es hundertfältig Frucht bringe (Markus 4).

Apropos: diese agrarische Deutung würde auch gut zu der ursprünglichen Idee des Architekten passen, die Kirche an einen Bauernhof erinnern zu lassen.

Nun ja, die Assoziationen sind frei …

Die leere Frontwand wurde bald einmal mit einem Kreuz bereichert. Zudem hilft eine abnehmbare Leinwand der feiernden Gemeinde, ihr Liedrepertoire lebendig zu erhalten. Sie ermöglicht es auch, die Predigtausführungen bei Bedarf zu illustrieren. Die Bilder erobern die Kirche wieder. Was wohl unsere Reformatoren dazu sagen würden;-)

Fehlt da nicht noch etwas?

„Der Kirchenraum und die Bestuhlung weisen auf die Mitte hin, auf den grossen Abendmahls-Tisch,“ so beschreibt der Architekt sein Innenkonzept. Auch die Kanzel (hinter dem Tisch) stellt sich prominent in diese Mitte. Aber wo ist der Taufstein? Ging er vergessen? Nein, für die Taufe war vorgesehen, dass eine silbrige Schale mit Wasser gefüllt auf den Tisch gestellt wurde.

Wie auch immer: das Fehlen einer expliziten Taufstelle wurde zum Anstoss, 1997 ein kreuzförmiges Taufbecken nach urchristlichem Vorbild (siehe zum Beispiel das Baptisterium in Ephesus) in den Boden einzubauen, in welchem erwachsene Täuflinge vollständig untergetaucht werden können. Diese architektonische Einbindung ist einzigartig und kommt vor allem an der Osternachtfeier zur liturgischen Entfaltung.

Das Becken ist bei Nichtgebrauch mit Holzplatten abgedeckt, so dass es unter den Bankreihen „versteckt“ werden kann.

Auch die Orgel fehlte noch in den ersten Jahren; das war aber kein theologisches Statement. Von Anfang an war in der Empore für den Einbau der «Königin der Instrumente» genügend Raum ausgespart. Dass man auch ohne sie die Kirche einweihen konnte, erwies sich im Rückblick als prophetisches Zeichen, denn auch nach ihrem Einbau büsste sie bald einmal „ihr Monopol“ ein. Seit den 1980-er Jahren, als Basel von einer erwecklichen Welle erfasst und auch die Thomaskirche von jungen Leuten „entdeckt“ wurde, erschallen in diesem Gotteshaus auch viele andere Instrumente zur Ehre Gottes.

                                  (Auf diesem Bild ist die Empore noch leer.)

 

Die Thomaskirche ist denkmalgeschützt

Als das Gemeindeleben der Thomasgemeinde einen grösseren Raumbedarf anmeldete, durfte die baulich nötige Erweiterung nicht das ursprüngliche Konzept des Architekten durchbrechen.  Die stimmige Lösung wurde im Jahr 2005 realisiert, nämlich die «Ausgrabung» dreier zusätzlicher Gruppenräume im Untergeschoss.

Auch die Lautsprecher (mittlerweile ein Standard in Kirchenräumen) wurden diskret eingebaut. Mit der Erneuerung der Anlage im Jahr 2023 gelang dies noch besser: die Boxen wurden an die seitlichen Betonpfeiler angebaut, und der Mischpulttisch nimmt die Bankreihen auf. So wird vermieden, dass die technisch nötigen Einrichtungen vom Raumkonzept – der Fokussierung auf den Abendmahlstisch – ablenken.

Fundamentale Randnotiz

Der Korrespondent der Basler Nachrichten bekundet in seinem Artikel über die  neue Kirche der Oekolampadgemeinde sein Erstaunen über den «seltsam zusammengestellten Inhalt» der Kupferdose, die unter dem Grundstein eingemauert wurde.

Er besteht aus:  Predigten, Fest-Programm anlässlich der Grundsteinlegung, der Ratschlag, der den Bau der Kirche beantragte, der Jahresbericht des Bauvereins, Tageszeitungen, zudem Silber- und Kupfermünzen mit den Angaben, was sich damit (im Jahr 1958) kaufen lässt.

Ursprüngliche Vision

Der damalige Kirchenratspräsident R. Vollenweider beschrieb anlässlich der feierlichen Grundsteinlegung 1958 die immer noch gültige Vision dieses Gotteshauses:

Die Thomaskirche «trägt ihren Namen nach jenem Apostel, der acht Tage nach Ostern – von Christus bekehrt – seine Ungläubigkeit fahren liess und mit Zuversicht und Freudigkeit einkehrte in die Gegenwart Gottes. Wie Thomas zu einem Gläubigen wurde, soll auch die Gemeinde an Christus als Gottes Sohn glauben, sich stets bewusst, dass sie durch den Glauben in seinem Namen auch ihr Leben hat.»

Lichthof

Lichthof Nordost – biblischer Garten

Am 21. Mai 2023 weihten wir einen biblischen Garten im nord-östlichen Lichthof ein. Vorgabe der Gestaltung war das Konzept des Architekten der Thomaskirche, nämlich der Charakter eines ästhetischen, stillen Ortes, der sein Licht in den Kirchenraum strahlen lässt. Dies soll einerseits durch die Backsteinmauer gewährt werden, die einen Sicht- und Lärmschutz zur belebten Hegenheimerstrasse bietet, und andererseits durch eine dezente Gartengestaltung.

Dieser Charakter wird mit dem biblischen Garten stimmig entfaltet. Unter anderem entdecken Sie folgende Pflanzen mit Bezug zur Bibel:

Granatapfel

Der Granatapfelbaum präsentiert sich durch seine orangerote Blüte und saftige Frucht als Hingucker. Er ist Augenweide und Gaumenschmaus zugleich. Im Alten Testament wird er mehrfach erwähnt – immer positiv.

Das Gelobte Land Israel macht Freude, weil dort – auch – Granatäpfel wachsen. Sie stehen sinnbildlich für den Segen Gottes. 

Auch der Prophet Haggai verdeutlicht seine Heils-Verheissung mit diesem Bild:

Noch liegt das Saatgut in der Scheune, noch haben Weinstock, Feigenbaum, Granatapfel und Ölbaum nicht getragen; aber von diesem Tage an will ich Segen geben.       (Haggai 2,19)

– Im Hohelied Salomos dient er zur Beschreibung der Schönheit einer Frau:

Deine Schläfen sind hinter deinem Schleier wie eine Scheibe vom Granatapfel.     (Hhld 4,3b)

 

Nach einem jüdischen Mythos hat der (perfekte) Granatapfel 613 Kerne, die Zahl der jüdischen Gebote (Mizwot), die die Tora laut Talmud enthält.

In der christlichen Symbolsprache kann der Granatapfel für die Kirche stehen, als Gemeinschaft der Gläubigen. Diese Deutung taucht in zahlreichen mittelalterlichen Tafelgemälden auf (Sandro Botticelli, Madonna mit dem Granatapfel, 1487. Matthias Grünewald, Stuppacher Madonna, 1517/1519), in denen Maria ihrem Kindlein die Kirche, resp. einen Granatapfel, übergibt. Da die Kirche in der Bibel als Leib Christi beschrieben wird, lag es nahe, dass der Granatapfel bald auch für Jesus selber stehen konnte.

Feige

Die Feige wächst auch bei geringer Bewässerung selbst auf steinigem Gelände. Der Baum wird 3-5 m hoch, hat gefingerte, rauhe Blätter, die zu Beginn des Winters abgeworfen werden und im zeitigen Frühjahr wieder austreiben. Der Baum kann bis zu 40 Jahre alt werden und braucht etwa 6 Jahre, bis er Früchte trägt.

Den ungenießbaren Vorfrüchten folgen Ende Mai und im Juni die zu erntenden Frühfeigen. Diese waren besonders begehrt. Ende August und im September schließlich kann man die Spätfeigen ernten.

Die Feige gehört zu den sieben Früchten des Landes Israel. Der Feigenbaum war in Israel neben Ölbaum und Weinstock der wichtigste Fruchtbaum und als Schattenspender wegen seiner großen Blätter beliebt. Deshalb pflanzte man gerne einzelne Feigenbäume in Weingärten an.

Jesus sah Nathanael kommen und sagt von ihm: Siehe, ein rechter Israelit, in dem kein Falsch ist. Nathanael spricht zu ihm: Woher kennst du mich? Jesus antwortete und sprach zu ihm: Bevor Philippus dich rief, als du unter dem Feigenbaum warst, sah ich dich.   (Johannes 1,47f.)

Um folgenden Spruch zu verstehen, braucht es «agrarisches Wissen»:

Wer den Feigenbaum hütet, wird seine Frucht essen; und wer über seinen Herrn wacht, wird geehrt werden.      (Sprüche 27,18)

Die Bibel rät, den Feigenbaum ständig zu bewachen. Im Hintergrund steht das bäuerliche Wissen, dass der Baum seine Früchte nicht auf einmal hervorbringt, „sondern Schritt für Schritt vom Beginn der Baumfruchternte im Juni bis zu ihrem Ende im Herbst“. So sollen wir auch von Gott nicht alles auf einmal erwarten. Er gibt – wie Bonhoeffer es mal ausdrückt – genug Widerstandskraft in jeder Notlage, aber „nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern auf ihn verlassen.“

Traube

Der Weinstock ist in der Bibel – im Alten wie im Neuen Testament – prominent vertreten.

Jesus selber verwendet ihn als Bildwort und in Gleichnissen. Der Weinstock war den Leuten ganz «natürlich» vor Augen. Jesus konnte also von einem allgemeinen Wissen ausgehen, um seine Botschaft zu «visualisieren».

Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater ist der Winzer. Jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, schneidet er ab und jede Rebe, die Frucht bringt, reinigt er, damit sie mehr Frucht bringt. Ihr seid schon rein durch das Wort, das ich zu euch gesagt habe. Bleibt in mir, dann bleibe ich in euch. Wie die Rebe aus sich keine Frucht bringen kann, sondern nur, wenn sie am Weinstock bleibt, so könnt auch ihr keine Frucht bringen, wenn ihr nicht in mir bleibt. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen.  (Joh. 15,1-5)

 

 

In Israel ist die Haupterntezeit für die Früchte im Juli und August; die Weinlese folgt dann als krönender Abschluss von August bis September. Die Traube tankt also am meisten Sonne. Das «Resultat» ist eine Frucht, die als Zeichen für den Segen Gottes dankbar gelesen und verarbeitet wird.

Im Gegensatz dazu kann der Prophet Jesaja das Ausbleiben der Weinlese seinen Zuhörern als unmittelbar einleuchtendes Unheilszeichen darstellen: 

Über Jahr und Tag werdet ihr unruhig werden, ihr Sorglosen! Denn ein Ende hat’s mit der Weinlese, eine Obsternte kommt nicht mehr!   (Jesaja 32,10)

Ölbaum (Olivenbaum)

Der Ölbaum gedeiht überall in Israel. Da er wenig Wasser braucht, ist er besonders gut für diese Klimaregion geeignet. Er wird 5-10 m hoch, hat einen unregelmäßigen, löcherigen, knorrigen Stamm, der bis zu 1 m, manchmal auch 2 m dick werden kann. Die nur langsam wachsenden Bäume können ein Alter von mehreren hundert (bis zu 1000) Jahren erreichen.

Die Blüte des Baumes war etwa Mitte Mai. Die Reife der Früchte setzt etwa im Juni ein, im September bildet sich der Ölgehalt und im Oktober werden die Oliven geerntet. Nur jedes zweite Jahr tragen die Bäume Früchte. Die bereits abgefallenen Früchte sammelte man ein, die noch am Baum befindlichen schüttelte oder klopfte man herunter:

Denn so geht es zu auf Erden und unter den Völkern, wie wenn ein Ölbaum leer geschlagen wird.     (Jesaja 24,13)

Wie beim Acker und dem Weinberg soll auch bei der Ernte der Olivenbäume etwas übrig gelassen werden. Es soll den sozial Benachteiligten zukommen:

Wenn du deine Ölbäume geschüttelt hast, so sollst du nicht nachschütteln; es soll dem Fremdling, der Waise und der Witwe zufallen. (Deuteronomium 24,20)

Die Oliven wurden zu Öl verarbeitet. Ein Ölbaum erbrachte etwa einen Ertrag von 110-120 kg Oliven; dies ergibt etwa 25 l Öl.

Olivenöl war als Butter- und Fettersatz wichtig bei der Bereitung von Speisen; es war ferner Beleuchtungsmittel (Brennstoff für Öllampen) und hatte wegen seiner heilenden Wirkung eine wichtige Funktion in der Medizin. Es diente zur Körperpflege und wurde bei der Salbung von Gästen und von Königen verwendet.

Im Kult war Öl im Zusammenhang des Speisopfers wichtig. Aufgrund der langen Haltbarkeit war Öl ein ideales Handelsgut und wurde daher auch ausgeführt. Die Ausmasse dokumentiert der «Deal», den König Salomo mit König Hiram von Tyrus vereinbarte:

Salomo aber gab Hiram zwanzigtausend Sack Weizen zum Unterhalt für seinen Hof und zwanzigtausend Eimer gepresstes Öl. Das gab Salomo jährlich dem Hiram. (1. Könige 5,25)

Folgender Psalmvers wird noch eindrücklicher, wenn man weiss, dass der Ölbaum ein immergrüner Baum ist:

Ich aber werde bleiben wie ein grünender Ölbaum im Hause Gottes; ich verlasse mich auf Gottes Güte immer und ewig. (Psalm 52,10)

Paulus adelt das Volk Israel, indem er es mit einem Ölbaum vergleicht. Die Christen sind in diesem Bild auf den Baum aufgepfropft. Das heisst: sie zehren von der jüdischen «Wurzel» und tun gut daran, sich nicht davon zu trennen:

Wenn aber nun einige von den Zweigen ausgebrochen wurden und du, der du ein wilder Ölzweig warst, in den Ölbaum eingepfropft worden bist und teilbekommen hast an der Wurzel und dem Saft des Ölbaums, so rühme dich nicht gegenüber den Zweigen. Rühmst du dich aber, so sollst du wissen, dass nicht du die Wurzel trägst, sondern die Wurzel trägt dich. (Römerbrief 11,17f.)

Olivenbaum, Feigenbaum und Weinstock – drei würdige Königsanwärter

Die hohe Wertschätzung dieser drei Pflanzen zeigt sich in der biblischen Fabel von der Königswahl der Bäume. Sie bekommen als erste dieses Amt angeboten, lehnen aber dankend ab mit der Begründung: Sie hätten Gescheiteres zu tun …

Die Bäume gingen hin, um einen König über sich zu salben, und sprachen zum Ölbaum: Sei unser König!

Aber der Ölbaum antwortete ihnen: Soll ich meine Fettigkeit lassen, die Götter und Menschen an mir preisen, und hingehen, über den Bäumen zu schweben?

Richter 9,8-15

Da sprachen die Bäume zum Feigenbaum: Komm du und sei unser König!

Aber der Feigenbaum sprach zu ihnen: Soll ich meine Süßigkeit und meine gute Frucht lassen und hingehen, über den Bäumen zu schweben?

Da sprachen die Bäume zum Weinstock: Komm du und sei unser König!

Aber der Weinstock sprach zu ihnen: Soll ich meinen Wein lassen, der Götter und Menschen fröhlich macht, und hingehen, über den Bäumen zu schweben?

Da sprachen alle Bäume zum Dornbusch: Komm du und sei unser König!

Und der Dornbusch sprach zu den Bäumen: Ist’s wahr, dass ihr mich zum König über euch salben wollt, so kommt und bergt euch in meinem Schatten; wenn nicht, so gehe Feuer vom Dornbusch aus und verzehre die Zedern Libanons.

Die Fabel soll mit einem lachenden Auge gelesen werden: Alle wertgeschätzten Bäume haben «Gescheiteres» zu tun, als «über den Bäumen zu schweben», während der Dornbusch gerne König werden will. Aber was für einer! Er verspricht Schatten, obwohl er der einzige dieser vier ist, der dieses Versprechen nicht halten kann. Hier wird also davor gewarnt, einen ungeeigneten König zu wählen.

Monarchien können auch gelingen; dies wird uns in 1. Könige 5,5 gezeigt: Unter König Salomo ging es dem Volk gut. Er schaffte es, in Frieden mit allen seinen Nachbarn ringsum zu sein, «sodass Juda und Israel sicher wohnten, jeder unter seinem Weinstock und unter seinem Feigenbaum».

Früchte, die das Verheissene Land zum Gelobten Land machen

Denn der HERR, dein Gott, führt dich in ein gutes Land, ein Land, darin Bäche und Brunnen und Seen sind, die an den Bergen und in den Auen fließen, ein Land, darin Weizen, Gerste, Weinstöcke, Feigenbäume und Granatäpfel wachsen, ein Land, darin es Ölbäume und Honig gibt.     (Deuteronomium 8,7f.)

Lilien

Es ist nicht eindeutig, welche Lilie in der Bibel gemeint ist. Die weiße Lilie kommt in Palästina häufig vor. Im Hohelied wird als Standort die Küstenebene nördlich von Tel Aviv genannt. Dann wäre es die – ebenfalls weisse – Strandlilie. Sie ist Bild für den Geliebten. Jesaja verstärkt seine Hoffnungsbotschaft, wenn er davon spricht, dass im Land die Lilien blühen werden (Jes 35,1).  Sie verwandelt die Wüste in ein sprossendes und blühendes Land. Sie verkündet die Heilszeit.

 

Im Neuen Testament wird nur in der Bergpredigt Jesu Bezug genommen. Dort wird sie als eine der prächtigen Blumen des Feldes erwähnt. Es geht also nicht um Gartenpflanzen, sondern um wildwachsende Blumen, die nach dem Vertrocknen von der armen Bevölkerung gerne als Brennmaterial genutzt wurden. Mit ihrer prächtigen Erscheinung kann die Herrlichkeit Salomos nicht konkurrieren. Diese Blumen arbeiten nicht und sind doch bestens versorgt:

Und was sorgt ihr euch um eure Kleidung? Lernt von den Lilien, die auf dem Feld wachsen: Sie arbeiten nicht und spinnen nicht. Doch ich sage euch: Selbst Salomo war in all seiner Pracht nicht gekleidet wie eine von ihnen. Wenn aber Gott schon das Gras so prächtig kleidet, das heute auf dem Feld steht und morgen ins Feuer geworfen wird, wie viel mehr dann euch, ihr Kleingläubigen! Macht euch also keine Sorgen und fragt nicht: Was sollen wir essen? Was sollen wir trinken? Was sollen wir anziehen? Denn um all das geht es den Heiden.

Euer himmlischer Vater weiß, dass ihr das alles braucht. Euch aber muss es zuerst um sein Reich und um seine Gerechtigkeit gehen; dann wird euch alles andere dazugegeben. Sorgt euch also nicht um morgen; denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen. Jeder Tag hat genug eigene Plage.     (Matthäus 6,28-34)

Nicht biblisch, aber doch irgendwie kirchlich:

Christrose    Helleborus niger

Die Christrose (auch Schneerose oder schwarzer Nieswurz genannt) hat ihren grossen Auftritt, wenn sich ein Grossteil der Natur noch im tiefsten Winterschlaf befindet. Sie zeigt ihre auffällig weissen Blüten bereits ab Dezember, also in der Weihnachtszeit, am Fest der Geburt von Jesus Christus. Sie ist die Königin der winterblühenden Stauden. Wie das Bild zeigt, gibt es auch dunkle Christrosen;-) Die Tatsache, dass die Christrose im Winter trotz der schwierigen Witterung blüht, steht symbolisch für die Hoffnung.

Aus dieser «saisonalen Übereinstimmung» entstand folgende Weihnachts-Legende: Auf dem Weg nach Bethlehem trug einer der Hirten kein Geschenk bei sich. Weil er nichts besass und zur kalten Winterzeit auch keine Blumen fand, weinte er bitterlich. Es fielen Tränen auf die Erde, und aus ihnen entsprossen Blüten so schön wie Rosen. Glückselig überbrachte der Hirte die «Christ-Rose» als Geschenk dem Jesus-Kind.

Die schwedische Literatur-Nobelpreisträgerin Selma Lagerlöf erzählt eine weitere Legende von der Christrose (1908):  In knapp 5 Minuten erzählt mit Playmobilfiguren

Pfingstrose       Paeonia

Pfingstrosen verwandeln jährlich im späten Frühjahr den Garten zu einem Farb- und Duftspektakel. Die leuchtenden und grossen Blüten sind schon aus der Ferne kaum zu übersehen. Sie sind während ihrer Blütezeit die absoluten Stars im Garten. Die Vielfalt der Blütenfarben und -formen ist bei ihnen schier unbegrenzt. Sie zeigen ihre Blütenpracht zwischen Mitte April und Ende Juni – um Pfingsten herum. Und so sind sie «rechtzeitig» ein Symbol für das Pfingst-Spektakel, für die ekstatische Erfahrung an Pfingsten, als der Heilige Geist die Jünger erfüllte und ihre Angst in Freude verwandelte.

 

Mönchspfeffer        Agnus castus (Keusch-Lamm)

Die rotschwarzen, scharf schmeckenden Früchte wurden im Mittelalter als Gewürz verwendet. Wegen seiner anaphrodisierenden (lustmindernden) Wirkung fand man ihn häufig in den Klostergärten. Er «unterstützte» die Mönche in ihrem Vorsatz der Enthaltsamkeit.